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Kaufberatung 1964 Cadillac

Ich habe bereits viele E-Mails bekommen und Freunde, die ähnliche Schicksale ereilt hat. Sie haben sich vor lauter Begeisterung und Aufregung, dass Sie endlich einen Cadillac kaufen können blenden lassen. Das vermeintliche Schnäppchen hatte hier und da Mängel. Wurde verbastelt, nicht fachgerecht repariert oder restauriert.

Wenn man aber jedes Mal Angst hat, dass einem sein Schätzchen liegen bleibt, wenn man auf ein Treffen fährt oder die Hälfte nicht funktioniert, ist man schnell frustriert, gibt irgendwann genervt auf oder steckt viel zu viel Geld in sein Hobby.

Cadillacs sind bei fachgerechter Pflege äußerst zuverlässig und langlebig. Mein Cadillac ist hier sicher ein gutes Beispiel und ich kenne noch viele mehr, bei denen das genauso ist. Cadillac fahren kann sehr viel Spaß machen. Gerät man jedoch an einen vermeintlichen „Fachmann“ wird es schnell unangenehm. Wendet Euch an eine US-Car Fachwerkstatt. Die amerikanischen Fahrzeuge und Motoren sind einfach etwas anders als die europäischen. Jemand der Zeit seines Lebens nur mit europäischem Blech zu tun hat, kennt die kleinen aber feinen und wichtigen Details beim amerikanischen Blech nicht! Und sei es noch so eine renommierte Werkstatt. Ich habe wirklich schon alles erlebt.

Ich kann daher nur allen raten, die sich für Cadillacs und generell alte Fahrzeuge interessieren: Tretet vor dem Kauf einem Club bei (im Fall Cadillac, natürlich dem Classic Cadillac Club Deutschland e.V.). Informiert Euch ausführlich in der Szene und sprecht die Oldtimerbesitzer auf Ihre Erfahrungen an. Vielleicht verkauft im Club oder jemanden, den Ihr gut kennen gelernt habt ja gerade ein Fahrzeug, für das Ihr Euch interessiert.

Auch wenn man 1964 nicht davon ausgegangen ist, dass Fahrzeuge länger als 15 Jahre leben, haben die Ingenieure damals doch ganze Arbeit geleistet. Obwohl jedes Jahr das Design immer wieder anders war.

Wie so oft, ist nicht die Technik einer der Punkte, auf die man besonders achten muss. Werden die regelmäßigen Wartungsintervalle eingehalten und Flüssigkeiten gewechselt, sind keine Probleme zu erwarten und Motor, Getriebe und Fahrwerk danken es mit Langlebigkeit. Wichtig ist die Vollständigkeit der Zierleisten und Embleme der Karosserie.

Ein paar Punkte gibt es aber natürlich auch bei den 1964er Modellen zu beachten.

Rost

  • Bei Fahrzeugen mit Klimaanlage ist besonders auf Rost am unteren, hinteren Teil des rechten vorderen Radlaufes zu achten. Der Grund sind diverse Leitungen der Klimaanlage im Kotflügel hinter dem rechten, vorderen Radkasten, an denen Kondensat in den Kotflügel tropft. Speziell bei Fleetwood- und Eldorado-Modellen werden die Rostherde mit Blasenbildung von außen gut von der Edelstahlleiste verdeckt.
  • War die Heizung einmal undicht und Kühlflüssigkeit ist in den Innenraum auf der Fahrerseite gelangt, saugt sich die originale Dämmmatte unter dem Teppich voll und lässt wunderbar das Bodenblech rosten. Von unten ist dies oft nicht zu sehen. Hier muss man also den Teppich etwas anheben und nach der braunen Pest suchen.
  • Die vorderen, unteren Schalen der Stoßstangenhörner sind ein perfektes Biotop für Schmutz, der durch die Reifen dort hin gelangt. Hier also vom Radkasten die Schalen von innen inspizieren. Von außen ist durch die Chromschicht nicht unbedingt etwas zu sehen! Wenn doch, ist es meist schon viel zu spät.
  • Einen Blick sollte man auch auf die Träger der Kotflügel werfen. Etwas versteckt sind sie oben in den vorderen Radkästen zu finden.
  • Generell sind natürlich auch die anderen neuralgischen Punkte wie bei jedem anderen Fahrzeug auch zu beachten. So z.B. die Ecken des Kofferraumes, Ecken in den Radläufen, Fenderskirts und so weiter.

Technik

  • Der X-Rahmen ist recht weich, was besonders beim Hochbocken am Rahmen auffällt, wenn sich der Spalt an den Türen von Convertibles vergrößert. Daher darf man die 1964er Modelle, wie auch andere Cadillacs dieser Epoche, nicht aufgebockt lagern! Sie sollten so lagern, wie es sich für Fahrzeuge gehört. Auf den eigenen 4 Rädern.
    Speziell bei Convertibles müssen hier die Bolzen von Karosserie zu Rahmen regelmäßig kontrolliert und nachgezogen werden.
  • 1964 gab es erstmals eine automatische Klimaanlage. Wurde diese Option ausgewählt, benötigt man etwas Glück und Vorbesitzer, die nicht wahllos herumgefummelt haben. Funktioniert das elektro-mechanische System aus Temperatursensoren und Vakuumklappen einwandfrei, funktioniert es gut. Aber wehe, irgendein Schlauch ist undicht oder ein Temperatursensor defekt. Die Suche nach dem Fehler kann langwierig sein und ist nicht ganz trivial.
    Helfen kann bei der Fehlersuche das Handbuch von www.cadillactim.com
  • Funktioniert die Heizung nicht, kann es an dem Vakuumschlauch liegen, der vom „time delay switch“ zum vakuumgesteuerte Temperaturventil führt. Dieser befindet sich in Fahrtrichtung hinten über dem rechten Ventildeckel. Das Ventil steuert den Zufluss zum Wärmetauscher. Dieser Schlauch ist oft durch die aufsteigende Hitze des Krümmers porös und dadurch undicht. Der „time delay switch“ war ein Service Bulletin für die 1964er Cadillac und wurde so gut wie immer nachgerüstet. Nur in sehr seltenen Fällen fehlt dieser.
  • Das Kühlwasser sollte ebenfalls regelmäßig gewechselt werden. Der Ausbau des Wärmetauschers ist nämlich fast unmöglich und eine Strafarbeit. Durch regelmäßigen Service kann man sich diese Arbeit sparen. Man sollte also dem Zustand des Kühlwassers bei einem Kauf Beachtung schenken.
  • Der Filter des Automatikgetriebes muss nach den Wartungsintervallen gewechselt werden. Wird dies nicht eingehalten, kommt es zu ungewolltem Verhalten des Getriebes. Einige neue Getriebeölfilter sind minimal dicker als die originalen. Unangenehmer Nebeneffekt kann das fehlende Einrasten der Fahrstufen sein. Ein paar gefühlvolle, leichte Schläge mit einem kleinen Hammer auf den Filter, um diesen etwas „dünner“ zu machen, helfen hier.
  • Viele kleinere mechanische Teile wie die Getriebe der elektrisch verstellbaren Sitzbank oder der „neutral safety switch“ sind vom Werk aus mit „lubriplate“ geschmiert worden. Diese erdnussbutterähnliche Paste verwandelt sich mit den Jahren in harte Knetmasse. Daher sollte man den „neutrals safety switch“ prophylaktisch schmieren. Von dem Schalter gibt es vier verschiedene. Je nachdem, ob mit oder ohne Lenkradverstellung oder mit Hydramatik oder mit Turbo-Hydramatik ausgestattetem Getriebe. Dieser Schalter ist so gut wie nicht gebraucht zu bekommen oder sehr teuer. Neu schon gar nicht.
    Hört man von der elektrischen Sitzbank nur noch ein Klicken, hilft hier in der Regel ebenfalls ausbauen, „lubriplate“ entfernen und neu abschmieren.
  • Perfekt eingestellt, können die 1964er Cadillac Werte von 12 Litern auf 100 km erreichen. Normal sind jedoch um die 17 Liter. Werte über 23 Liter sind selbst bei heißem Wetter mit eingeschalteter Klimaanlage im Stadtverkehr nicht normal.
  • Besonders bei Fahrzeugen mit voller elektrischer Ausstattung ist besonders auf den Kabelstrang und dessen Ummantelung in der vorderen Fahrertür zu achten. Da dieser im Speziellen durch das ständige Öffnen und Schließen der Türe recht hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt ist, kann es hier zu Kabelbruch und/oder durchgescheuerten Kabeln kommen. In der Folge sind hier Fensterheber, Dreiecksfenster oder Sitzbank ohne Funktion. Kurzschluss – oder wenn hier keine korrekten Sicherungen vorhanden sind – und sogar Kabelbrand sind möglich!

Optionen

An Optionen oder Farbkombinationen war 1964 so gut wie alles möglich. Selbst Konfigurationsvarianten, die laut Optionsliste eigentlich nicht möglich gewesen wären. Wie ein Fleetwood Sixty Special mit Einzelsitzen, die es eigentlich nur für den Eldorado gab. Teilweise von Händlern nachträglich installiert, teilweise schon direkt über das Werk bestellt. Eine Authentifizierung kann hier also sehr schwer sein.

Fahrzeuge mit Optionen nachträglich zu bestücken, kann übrigens sehr schwierig bis unmöglich sein! Nicht möglich ist z.B. der nachträgliche Einbau der Guide-Matic, der Abblendautomatik des Fernlichtes. Der Sensor dazu wurde speziell im linken vorderen Kotflügel installiert. Der nachträgliche Einbau in Kotflügel ohne Sensor ist nicht möglich.

Auch ein verstellbares Lenkrad erfordert beim Tausch vom fixen Volant einen anderen unteren Instrumententräger und viele weitere Modifikationen und unterschiedliche Teile.

Extrem selten ist ein Fahrzeug mit Sperrdifferenzial. Ein damit  ausgestattetes Fahrzeug zu finden, gleicht einem Lottogewinn.

Vorsicht bei Zierleisten und Emblemen:

Zierleisten, Embleme und andere Karosserieteile sollten immer vollständig und in gutem Zustand sein. Insbesondere bei den „selteneren“ Modellen wie Fleetwood Sixty Special und Eldorado sind die Teile oft sehr, sehr rar.

Der symbolische „Kühlergrill“ am Heck zwischen Kofferraumklappe und Stoßstange ist bei Fleetwood Sixty Special und Eldorado beispielsweise ein anderer als bei den Series 62 und DeVille.

Extrem gefragt sind die tiefgezogenen Aluminiumeinsätze in den Rücklichtern. Sehr oft verbeult und zerkratzt.

Wie so oft:

Kaufe das beste Fahrzeug, das Du finden kannst, es wird am Ende das günstigste sein!

de_DEDeutsch
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